“Unfallfrei” verkaufen

Autos unfallfrei verkaufenSieht man sich die Inserate für Gebrauchtwagen an, so könnte man glatt auf die Idee kommen, es gäbe nur unfallfreie PKWs. Oder zumindest würden nur solche verkauft. Das ist leider eine Illusion. Dabei geht es nicht einmal um bewusste Täuschung des Käufers. Viele Verkäufer sind sich nicht im Klaren darüber, dass die Bezeichnung “unfallfrei” beispielsweise vor Gericht sehr eng gefasst werden kann, wenn es hart auf hart geht.

Es ist verständlich, dass man als Verkäufer wegen einer kleinen Blessur nicht den Eindruck hervorrufen möchte, der Wagen sei in einen größeren Unfall verwickelt worden. Kaum etwas schreckt potenzielle Käufer mehr ab als der Verdacht, das Fahrzeug könne Folgeschäden davongetragen haben, die im Verborgenen liegen. Beispielsweise eine verzogene Fahrwerksgeometrie, die man erst nach hunderten von Kilometern an einseitig abgefahrenen Reifen bemerkt oder mangelhafter Rostschutz an reparierten Teilen. Wie verhält man sich also als Verkäufer korrekt und verprellt trotzdem nicht die Käufer?

Was ist überhaupt “unfallfrei”?

Die Meinungen dazu klaffen weit auseinander. Zumindest, wenn man Nicht-Juristen fragt. Ein harmloser Parkrempler soll ein Unfall sein? Das leuchtet nicht ein. Von Gesetzes wegen allerdings ist der Fall ein wenig eindeutiger. Auch, wenn die Gerichtsurteile diesbezüglich nicht immer übereinstimmen.

Der Begriff “Unfallfreiheit” ist einheitlich zu verwenden, folgt man dem Oberlandesgericht Köln. Unfallfrei ist ein Wagen nur dann, wenn er keine Schäden erlitten hat, die als erheblich anzusehen sind. Schönheitsreparaturen und kleine Ausbesserungsarbeiten fallen nicht darunter.

Erhebliche und nicht erhebliche Schäden

Wie Sie sicherlich bemerkt haben, findet sich im vorigen Satz die Formulierung “als erheblich anzusehen”. Und genau darum dreht sich die ganze Sache. Ab wann ist ein Schaden erheblich, also ein Unfallschaden? Auch hier geben die Gerichte Hilfestellung für Verkäufer und Käufer. Ein kleiner Schaden muss nicht unbedingt als Unfallschaden angegeben werden. Aber auch hier bleibt die Grenze im Dunkeln. Zumal es in einschlägigen Gerichtsurteilen zusätzlich heißt, dass die Grenze zwischen einer kleinen Blessur und einem echten Unfall zugunsten des Käufers eng zu ziehen sei. Dazu kommt noch, dass man das Alter und den Zustand des PKWs in Betracht ziehen müsse. Was bei einem Jahreswagen der Premium-Klasse als Unfallschaden zählt, ist bei einem typischen Winterauto mit 300.000 km Laufleistung möglicherweise völlig belanglos.

Wie wurde repariert?

Zusätzlich spielt es eine Rolle, wie der Schaden behoben wurde. Ist der Parkrempler in einer Fachwerkstatt sauber und gemäß den Richtlinien des Herstellers beseitigt worden, dann geht das Auto in der Praxis als unfallfrei durch. Bei mäßig erfolgreichen Versuchen in Eigenregie könnte der Käufer davon ausgehen, dass die Reparatur nicht sachgemäß durchgeführt worden ist, sodass später an dieser Stelle Schäden durch Rost drohen. Echte Bagatellschäden sind solche, die repariert werden können, ohne den Wert des Fahrzeuges herabzusetzen.

Endgültig überschritten ist die Grenze, wenn Karosserieteile ausgetauscht werden müssen. Ein Kotflügel oder eine Türe, die erneuert wurden, gelten allgemein als sicheres Zeichen dafür, dass sie infolge eines erheblichen Schadens ausgetauscht wurden.

Richtig verkaufen

Was also müssen Sie als Verkäufer beachten? Das Prädikat “unfallfrei” sollten Sie keineswegs zu sorglos verwenden. Dabei geht es nicht darum, ob ein eventueller Schaden Ihrer Meinung nach unerheblich ist. Problematisch nämlich wird die Sache dann, wenn sich ein Käufer getäuscht fühlt und vor Gericht zieht. Unfallfreiheit ist eine rechtlich wesentliche Eigenschaft des verkauften Autos. Entdeckt also der Käufer einen (auch kleinen) Unfallschaden, kann er versuchen, die Rücknahme des Fahrzeuges durch den Verkäufer zu erzwingen. In letzter Konsequenz gerichtlich.

Ehrlichkeit ist also angesagt. Auch, wenn der Wagen als unfallfrei verkauft wird, sollten Sie auf eventuelle, kleine Schäden hinweisen. Am besten ausdrücklich im Kaufvertrag. Größere Schäden zu verschweigen, zieht mit Sicherheit noch größere Probleme nach sich.

Die gute Nachricht ist die: Wenn Sie (beispielsweise mit Werkstattrechnungen) belegen können, dass der Schaden fachgerecht repariert wurde, dann mindert das in den Augen sachkundiger Käufer den Wert weniger, als man denken mag. Schaden kann es auch nicht, zusammen mit dem Käufer die Reparatur in Augenschein zu nehmen. Beachten Sie dies alles, so können Sie sicher sein, dass dem erfolgreichen Verkauf kein böses Nachspiel folgt.